Das Nicht-Reiseland-DDR
Solange ich mich erinnern kann, war ich, Katharina Maria Herrmann, gern unterwegs, auch wenn viele Reisen zunächst im Kopf stattfinden mussten. In einer vom DDR-Einheitsgrau geprägten Zeit habe ich mich als Kind in ferne, farbenfrohere Orte hinweggeträumt. Hoffentlich werde ich schnell Rentnerin damit ich endlich reisen kann! Das dachte ich damals. In Bildbänden und in Atlanten konnte ich stundenlang schmökern. „Name-Stand-Land“ war mein Lieblingsspiel; die Namen von Hauptstädten habe ich wie Vokabeln gelernt.
Zwei Muttersprachen
Meine zweite Mutter- bzw. Vatersprache Sorbisch, die sich als slawische Sprache doch deutlich vom Deutschen unterscheidet, trug sicherlich dazu bei, dass ich mich bereits früh für andere Kulturen interessierte. So klein das Volk der Sorben war und ist (die Zahl der Muttersprachler nimmt übrigens stetig ab), so zahlreich und vielfältig sind sein Liedgut, seine Sagen, Bräuche und Rituale. Auch die vertraute Kultur offenbart beim genauen Hinschauen viele überraschende Aspekte!
Ein Traum wird wahr – Auf in die Ferne!
Und wer hätte geahnt dass der Traum vom Reisen dann doch bereits vor dem Rentenalter in Erfüllung gehen sollte! Ab 1990, ich war frischgebackener Teenie, begann ich die Welt außerhalb des kleinen Landes DDR und unseres Alle-Jahre-wieder-Reiseziels Tschechiens zu entdecken. Live und in Farbe! Bis zu meinem 13. Lebensjahr war es das einzige Ausland, das ich kennengelernt hatte. Meine Erziehungsberechtigten überredete ich im Jahr 1993 zur ersten Skandinavien-Reise – mit dem Auto und unserem kleinen, in die Jahre gekommenen Zelt ging es quer durch Dänemark, Schweden und Norwegen.
Studium der Ethnologie
Meine Leidenschaft für das Reisen und das Entdecken fremder Kulturen habe ich schließlich zum Beruf gemacht und schrieb mich im Jahr 1995 für ein Studium der Ethnologie, Kulturwissenschaften und Germanistik in Leipzig ein. Ein derartiges Studium zu wählen war aus heutiger Sicht sicherlich ein wenig unvernünftig, aber für mich war es einfach unvermeidlich und folgerichtig … .
Rucksackreisen während des Studiums
Bereits während des Studiums habe ich mein Fernweh in vielen kleineren und größeren Reisen und Auslandsaufenthalten ausgelebt. Im Jemen habe ich mit Muhammad und Abdal Qat gekaut, auf dem Markt in Marrakesch um Oliven gefeilscht, und bin im Sprachkurs in Aberdeen, oh my dear, an gälischen Zungenbrechern fast verzweifelt. Unvergesslich bleibt für mich vor allem ein Workcamp in Grönland, das ein Hauch von Wehmut und Robinson-Gefühl „on ice“ in mir zurücklässt. Finanziert habe ich meine Reisen mit diversen Nebenjobs, u. a. als Lagerarbeiterin beim Versandhandel „Quelle“, als Zimmermädchen im Vier-Sterne-Hotel oder als Versuchsperson am Leipziger Max-Planck Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften.
Zur Idee von „Fernnah“
Und nun -oh Schreck- gut 25 Jahre später, bin ich immer noch Ethnologin und gern unterwegs. Und wenn ich mal nicht unterwegs war, boten und bieten Länder, Leute und Lebensweisen genug Stoff für sitzende = schreibende oder stehende = referierende Tätigkeiten und tragen zum Broterwerb bei. So habe ich u. a. in einem Verlag für Individualreiseführer, in Institutionen für Kulturaustausch, als Stadtführerin und vor allem in kleineren und größeren Museen gearbeitet.
Dabei habe ich mich unter anderem intensiv mit den vielen kleinen und großen spannenden Geschichten, die Gegenstände aus dem vergangenen Alltag ferner Kulturen erzählen, beschäftigt. Und so kam der Wunsch auf, diese und andere Geschichten, meine Erfahrungen und Erkenntnisse über und in Fern & Nah zu teilen – am besten über eine Webseite als Forum zum Austausch von Gedanken, Wünschen und Ideen.
Die Idee zu „Fernnah“ ist nicht neu, eine Webseite gab es auch schon mal … Nun möchte ich den Schritt endlich wagen und sie wiederbeleben. Stoff zum Schreiben und Erzählen habe ich in den letzten Jahren jedenfalls ausreichend gesammelt.
Mal sehen, wo die Reise hinführt!
Ich bin gespannt und freue mich auf ebenso neugierige und interessierte Leser, Unterstützer und Kooperationspartner!